Die mögliche Ampel-Koalition hat mit ihrem Sondierungspapier erste inhaltliche Pflöcke eingeschlagen. Die Finanzmarktpolitik wurde dabei ausgespart. Dies ist ein Bereich, der für viele im Wirtschaftsleben, und auch für die deutschen Genossenschaftsbanken besonders relevant ist. Fest steht: Will die selbst ernannte "Fortschrittskoalition" ihre Investitionsoffensive zünden, braucht sie starke Kreditinstitute und muss dafür die richtigen politischen Weichen stellen. Dazu gehört aus Sicht der deutschen Genossenschaftsbanken in der derzeitigen Situation auch eine eindeutige Absage an eine europäische Einlagensicherung, denn andere Themen sind für das gute Funktionieren einer europäischen Bankenunion vordringlich zu lösen.
Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP laufen. Der Zeitplan ist ambitioniert: Bereits im Dezember soll das neue Dreierbündnis stehen. Doch auch die inhaltliche Zielsetzung der möglichen Ampel-Koalition ist anspruchsvoll. Sie hat sich nicht weniger vorgenommen als „die Weichen für ein Jahrzehnt der sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen, digitalen und gesellschaftlichen Erneuerung [zu] stellen.“ Für die deutschen Genossenschaftsbanken ist wichtig, welche finanz- und wirtschaftspolitischen Reformen zu erwarten sind. Ein Ansatzpunkt liefert das Sondierungspapier, das wir als BVR ausgewertet haben. Hier ein Ausschnitt wirtschaftsrelevanter Thematiken:
Europa: Im Sondierungspapier wird der Aufschwung in Europa nach der Pandemie und zur Klimaneutralität auf Grundlage solider und nachhaltiger Staatsfinanzen skizziert. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wird als flexibel genug angesehen, um Wachstum, Schuldentragfähigkeit und nachhaltige Investitionen sicherzustellen. Unser Fazit fällt gemischt aus. Von einer notwendigen Überarbeitung der viel zu komplizierten EU-Fiskalregeln ist keine Rede. Ebenfalls wird das Thema der europäischen Bankenunion ausgelassen. Hier bleibt abzuwarten, was der finale Koalitionsvertrag mit sich bringt. Der BVR setzt sich insbesondere dafür ein, dass im Finanzbereich Risiko und Haftung nicht auseinanderfallen. Dazu gehört der Erhalt der Institutssicherung und derzeit die klare Absage an eine europäische Einlagensicherung. Entscheidend für die Stärkung der Bankenunion ist die Überwindung der Fragmentierung des Finanzbinnenmarktes, die nicht im Wege der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung erreicht wird. Hierfür muss die weiterhin bestehende Home-Host-Frage (sprich: Gastländer verlangen zusätzliche Eigenkapitalanforderungen von Bank-Töchtern aus anderen europäischen Staaten) vorrangig geklärt werden.
Moderner Staat und digitaler Aufbruch: Nach Vorstellung der Sondierer sollen Verwaltungs-, aber auch Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden. Verfahrensdauern sollen halbiert werden und die notwendigen Entscheidungen dafür, also z. B. ein Planungsbeschleunigungsgesetz, bereits im ersten Regierungsjahr getroffen werden. Das begrüßen wir. Priorität muss neben der konsequenten Beschleunigung und des Bürokratieabbaus, der Ausbau der digitalen Infrastruktur haben. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sollte Unternehmen und Gründer Erleichterungen bringen, indem alle erforderlichen Informationen bürokratiearm nur einmal gebündelt übermittelt werden müssen.
Rente und Altersvorsorge: In der gesetzlichen Rentenversicherung soll der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung begonnen werden. Das ist ein grundsätzlich richtiger Ansatz In jedem Fall sollte das Geld zur Kapitaldeckung renditeorientiert, ohne allzu viele Ausschlusskriterien angelegt werden, um so möglichst positive Ergebnisse für die öffentlichen Finanzen zu erreichen. Gravierender könnten die Pläne im Bereich der privaten Altersvorsorge aussehen. So soll die Einrichtung eines Staatsfonds geprüft werden, der den Bürgern ein Altersvorsorgeprodukt anbietet. Zwar soll es einen Bestandsschutz für bestehende Riester-Verträge geben, die Zukunft von Neuverträgen bleibt jedoch ungewiss. Dies sehen wir kritisch. Der einfachste und auch beste Weg, die private Altersvorsorge zu fördern, liegt darin, die Riester-Rente weiterzuentwickeln. Komplexität und bürokratische Anforderungen müssen dafür deutlich verringert werden. Produkte zur privaten Altersvorsorge sollten weiterhin ausschließlich durch private Anbieter angeboten werden. Die Einführung eines öffentlich verantworteten Fonds halten wir daher nicht für geeignet.
Wirtschaftspolitik: Im Bereich der Wirtschaftspolitik sollen Gründungen und Unternehmertum gefördert werden, etwa durch eine entbürokratisierte Innovationsförderung und -finanzierung. Wir begrüßen die geplanten Erleichterungen von Gründungen und Innovationen. Wichtig für die Investitionstätigkeit sind auch die klassischen Kreditvergabemöglichkeiten der Banken, gerade für mittelständische Unternehmen. Um diese zu sichern, sollten die in der Krise gewährten aufsichtsrechtlichen Erleichterungen nicht vorschnell aufgehoben werden. Die Wichtigkeit der Kreditfinanzierung darf auch nicht bei der Umsetzung der Basel III/IV Regeln vernachlässigt werden.
Steuerpolitik: Die Steuerpolitik ist eines der kontroversesten Themen zwischen den Ampel-Partnern. Als Kompromiss wurde sich auf eine Absage an neue Substanzsteuern, wie einer Vermögensteuer, oder Erhöhungen bei der Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer geeinigt. Eine Änderung bei der Erbschaftsteuer wäre damit aber noch möglich. Um die Investitionen jedoch anzukurbeln, wurde sich auf Superabschreibungen für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung verständigt. Zusätzlich soll die Steuerbürokratie spürbar verringert werden. Als BVR begrüßen wir die Absage an neue oder erhöhte Substanzsteuern und die geplanten Super-Abschreibungen. Jedoch bedauern wir, dass eine dringend notwendige Unternehmenssteuerreform weiter ausbleibt.
BVR-Position:
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Das Hochfahren vor allem privater Investitionen ist wichtig. Der Investitionshochlauf braucht aber starke Banken, für die die Politik gute Rahmenbedingungen schaffen muss.
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Unsicherheit ist Gift für Investitionen. Wir lehnen daher jegliche Form der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa ab, weil andere Aspekte der Bankenunion viel dringender sind und die Voraussetzungen für eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung fehlen. Die bewährten Systeme wie die deutschen Einlagen- und
Institutssicherungssysteme sichern einen sehr hohen Sparerschutz, genießen höchstes Vertrauen und müssen erhalten bleiben.
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Die mögliche Ampel-Koalition hat mit ihrem Sondierungspapier erste inhaltliche Pflöcke eingeschlagen. Die Finanzmarktpolitik wurde dabei ausgespart. Dies ist ein Bereich, der für viele im Wirtschaftsleben, und auch für die deutschen Genossenschaftsbanken besonders relevant ist. Fest steht: Will die selbst ernannte "Fortschrittskoalition" ihre Investitionsoffensive zünden, braucht sie starke Kreditinstitute und muss dafür die richtigen politischen Weichen stellen. Dazu gehört aus Sicht der deutschen Genossenschaftsbanken in der derzeitigen Situation auch eine eindeutige Absage an eine europäische Einlagensicherung, denn andere Themen sind für das gute Funktionieren einer europäischen Bankenunion vordringlich zu lösen.
Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP laufen. Der Zeitplan ist ambitioniert: Bereits im Dezember soll das neue Dreierbündnis stehen. Doch auch die inhaltliche Zielsetzung der möglichen Ampel-Koalition ist anspruchsvoll. Sie hat sich nicht weniger vorgenommen als „die Weichen für ein Jahrzehnt der sozialen, ökologischen, wirtschaftlichen, digitalen und gesellschaftlichen Erneuerung [zu] stellen.“ Für die deutschen Genossenschaftsbanken ist wichtig, welche finanz- und wirtschaftspolitischen Reformen zu erwarten sind. Ein Ansatzpunkt liefert das Sondierungspapier, das wir als BVR ausgewertet haben. Hier ein Ausschnitt wirtschaftsrelevanter Thematiken:
Europa: Im Sondierungspapier wird der Aufschwung in Europa nach der Pandemie und zur Klimaneutralität auf Grundlage solider und nachhaltiger Staatsfinanzen skizziert. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt wird als flexibel genug angesehen, um Wachstum, Schuldentragfähigkeit und nachhaltige Investitionen sicherzustellen. Unser Fazit fällt gemischt aus. Von einer notwendigen Überarbeitung der viel zu komplizierten EU-Fiskalregeln ist keine Rede. Ebenfalls wird das Thema der europäischen Bankenunion ausgelassen. Hier bleibt abzuwarten, was der finale Koalitionsvertrag mit sich bringt. Der BVR setzt sich insbesondere dafür ein, dass im Finanzbereich Risiko und Haftung nicht auseinanderfallen. Dazu gehört der Erhalt der Institutssicherung und derzeit die klare Absage an eine europäische Einlagensicherung. Entscheidend für die Stärkung der Bankenunion ist die Überwindung der Fragmentierung des Finanzbinnenmarktes, die nicht im Wege der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung erreicht wird. Hierfür muss die weiterhin bestehende Home-Host-Frage (sprich: Gastländer verlangen zusätzliche Eigenkapitalanforderungen von Bank-Töchtern aus anderen europäischen Staaten) vorrangig geklärt werden.
Moderner Staat und digitaler Aufbruch: Nach Vorstellung der Sondierer sollen Verwaltungs-, aber auch Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigt werden. Verfahrensdauern sollen halbiert werden und die notwendigen Entscheidungen dafür, also z. B. ein Planungsbeschleunigungsgesetz, bereits im ersten Regierungsjahr getroffen werden. Das begrüßen wir. Priorität muss neben der konsequenten Beschleunigung und des Bürokratieabbaus, der Ausbau der digitalen Infrastruktur haben. Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sollte Unternehmen und Gründer Erleichterungen bringen, indem alle erforderlichen Informationen bürokratiearm nur einmal gebündelt übermittelt werden müssen.
Rente und Altersvorsorge: In der gesetzlichen Rentenversicherung soll der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung begonnen werden. Das ist ein grundsätzlich richtiger Ansatz In jedem Fall sollte das Geld zur Kapitaldeckung renditeorientiert, ohne allzu viele Ausschlusskriterien angelegt werden, um so möglichst positive Ergebnisse für die öffentlichen Finanzen zu erreichen. Gravierender könnten die Pläne im Bereich der privaten Altersvorsorge aussehen. So soll die Einrichtung eines Staatsfonds geprüft werden, der den Bürgern ein Altersvorsorgeprodukt anbietet. Zwar soll es einen Bestandsschutz für bestehende Riester-Verträge geben, die Zukunft von Neuverträgen bleibt jedoch ungewiss. Dies sehen wir kritisch. Der einfachste und auch beste Weg, die private Altersvorsorge zu fördern, liegt darin, die Riester-Rente weiterzuentwickeln. Komplexität und bürokratische Anforderungen müssen dafür deutlich verringert werden. Produkte zur privaten Altersvorsorge sollten weiterhin ausschließlich durch private Anbieter angeboten werden. Die Einführung eines öffentlich verantworteten Fonds halten wir daher nicht für geeignet.
Wirtschaftspolitik: Im Bereich der Wirtschaftspolitik sollen Gründungen und Unternehmertum gefördert werden, etwa durch eine entbürokratisierte Innovationsförderung und -finanzierung. Wir begrüßen die geplanten Erleichterungen von Gründungen und Innovationen. Wichtig für die Investitionstätigkeit sind auch die klassischen Kreditvergabemöglichkeiten der Banken, gerade für mittelständische Unternehmen. Um diese zu sichern, sollten die in der Krise gewährten aufsichtsrechtlichen Erleichterungen nicht vorschnell aufgehoben werden. Die Wichtigkeit der Kreditfinanzierung darf auch nicht bei der Umsetzung der Basel III/IV Regeln vernachlässigt werden.
Steuerpolitik: Die Steuerpolitik ist eines der kontroversesten Themen zwischen den Ampel-Partnern. Als Kompromiss wurde sich auf eine Absage an neue Substanzsteuern, wie einer Vermögensteuer, oder Erhöhungen bei der Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer geeinigt. Eine Änderung bei der Erbschaftsteuer wäre damit aber noch möglich. Um die Investitionen jedoch anzukurbeln, wurde sich auf Superabschreibungen für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung verständigt. Zusätzlich soll die Steuerbürokratie spürbar verringert werden. Als BVR begrüßen wir die Absage an neue oder erhöhte Substanzsteuern und die geplanten Super-Abschreibungen. Jedoch bedauern wir, dass eine dringend notwendige Unternehmenssteuerreform weiter ausbleibt.
BVR-Position:
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Das Hochfahren vor allem privater Investitionen ist wichtig. Der Investitionshochlauf braucht aber starke Banken, für die die Politik gute Rahmenbedingungen schaffen muss.
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Unsicherheit ist Gift für Investitionen. Wir lehnen daher jegliche Form der Vergemeinschaftung der Einlagensicherung in Europa ab, weil andere Aspekte der Bankenunion viel dringender sind und die Voraussetzungen für eine Vergemeinschaftung der Einlagensicherung fehlen. Die bewährten Systeme wie die deutschen Einlagen- und
Institutssicherungssysteme sichern einen sehr hohen Sparerschutz, genießen höchstes Vertrauen und müssen erhalten bleiben.
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