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12/9/21

Finanzpolitik Aktuell

Ausgabe Dezember 2021

Koalitionsvertrag: ausgewogene Ampel-Pläne

Das erste Ampel-Bündnis im Bund steht. Im Vertrag fällt auf: Die Koalition gibt sich wirtschaftsfreundlich, wenn es um Nachhaltigkeit und Digitalisierung geht. Aber auch die Pläne für den Finanzmarkt sind ausgewogen. Ein Blick auf einige Vorhaben.

Rund zwei Monate nach der Wahl haben sich SPD, Grüne und FDP auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Die hohe Zustimmung für den Vertrag aus den Parteien selbst ist ein Vertrauensvorschuss für die Koalition, die vor großen Aufgaben steht. Sie hat sich nicht weniger als die nachhaltige und digitale Transformation der Gesellschaft vorgenommen.

Im Mittelstand bleiben Befürchtungen, dass neue ambitionierte ökologische Ziele zu deutlichen Eingriffen und enormen Bürokratiekosten führen könnten. Zumindest nach dem Text des Koalitionsvertrages bewahrheiten sich erste Befürchtungen nicht. Zwar muss die Wirtschaft einige Kröten schlucken. So wird erneut eine dringend erforderliche Senkung der Unternehmenssteuern ausbleiben. Immerhin wird es keine generellen Steuererhöhungen geben, auch wird die EEG-Umlage abgeschafft. Aus den Reihen des Mittelstands wird der überwiegende Teil der Vorhaben daher als positiv bewertet. Auch die Genossenschaftsbanken als mittelständische Kreditinstitute können grundsätzlich zufrieden auf den Koalitionsvertrag blicken.

Die Ampel ist überall da wirtschaftsfreundlich, wo es um Nachhaltigkeit und Digitalisierung geht. Neben einer verschlankten Verwaltung und beschleunigten Planungen soll es neue Super-Abschreibungen und neue Förderungen für KMUs geben, mit dem Ziel, Unternehmen bei Digitalisierung und Nachhaltigkeit zu fördern. Gerade im Finanzmarktbereich wurden ausgewogene Positionen gefunden. Sicher auch, weil es starke Banken für die massiven Investitionen für den von der Ampel forcierten Umbau der Wirtschaft braucht.

Bei dem für die Genossenschaftsbanken wichtigen Thema einer europäischen Einlagensicherung will die Ampel die Bankenunion vollenden. Dabei wird der Erhalt der Institutssicherung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken betont. Der Vertrag sieht unter bestimmten Bedingungen eine Rückversicherung der nationalen Einlagensicherungssysteme vor. Ziel: wirtschaftliche Zusatzbelastungen für kleine und mittlere Banken zu vermeiden und von einer Vollvergemeinschaftung abzusehen. Doch die notwendigen Bedingungen, auch für eine Rückversicherung, sind derzeit nicht gegeben.

In der Bankenregulierung ist besonders das Bekenntnis zur Proportionalität erfreulich. So möchte die Ampel substanzielle Erleichterungen für sehr gut kapitalisierte kleine und mittlere Banken mit risikoarmen Geschäftsmodellen. Basel III/IV will die Koalition auf Grundlage des Vorschlags der EU-Kommission umsetzen. Das ist eine gute Absicht. Aus BVR-Sicht gibt es in der Umsetzung aber deutliches Nachbesserungspotenzial, um Proportionalität auch unter Basel IV sicherzustellen. Die Ampel möchte Deutschland zum führenden Standort für Fintechs und andere neue Finanzdienstleister machen. Hier ist wichtig, dass sich die Förderung neuer Technologien und die Schaffung guter regulatorischer Rahmen für alle Marktteilnehmer gelten.

Die neue Koalition muss in den nächsten Jahren mit konkreten Maßnahmen Ökologie und Ökonomie sinnvoll verzahnen. Dabei bleibt es wichtig, mit Augenmaß und wirtschaftlichen Verständnis zu handeln.
 

BVR-Position:

  • Der BVR wertet den Vertrag als Aufbruchssignal, ohne ökonomisch Notwendiges auszublenden. 
  • Kleine, mittlere Institute erfahren eine ausdrückliche Würdigung. Proportionale Regulierung muss sich in konkreten Erleichterungen ausdrücken.
  • Bei der europäischen Einlagensicherung muss die neue Regierung gerade auf EU-Ebene Wort halten. Die Vergemeinschaftung der Einlagensicherung darf auch nicht bei einer Neufassung des Abwicklungsregimes durch die Hintertür kommen.
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Erhalt der Provisionsberatung wichtig, gerade für einkommensschwächere Haushalte

Entgegen einigen Diskussionen während der Koalitionsverhandlungen findet sich ein Verbot der provisionsbasierten Beratung nicht im Ampel-Koalitionsvertrag wieder. Das ist erfreulich, denn die Provisionsberatung sichert allen Teilen der Bevölkerung einen professionellen Vermögensaufbau und die Teilhabe am Kapitalmarkt. Vor allem Verbraucherinnen und Verbraucher mit geringen und mittleren Anlagebeträgen würden durch die Honorarberatung von der Beratung abgeschnitten, da sie zu teuer wäre. Das ist ein Ergebnis einer Studie von KPMG im Auftrag von Deutscher Kreditwirtschaft (DK), Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) und Deutscher Derivate Verband (DDV). KPMG hat in der Studie festgestellt, dass die Honorarberatung bis zu einem Anlagebetrag von 25.000 Euro teurer als die provisionsbasierte Beratung ist (angenommen wurde der durchschnittliche Stundensatz von 180 Euro). Ein Provisionsverbot könnte daher nicht nur teurer für die Verbraucherinnen und Verbraucher werden, sondern auch dem Beratungsangebot schaden. Mit einem Provisionsverbot könnte das Angebot zu Lasten der beratungsbedürftigen Verbraucher nicht mehr aufrechterhalten werden. Welche Auswirkungen eine ausschließliche Honorarberatung hat, zeigt ein Blick in das Vereinigte Königreich, wo Provisionen 2013 verboten wurden. Dort ist eine Beratungslücke für Kleinanleger bereits Realität. Studien der englischen Finanzaufsicht FCA zeigen, dass sich der Beratungsmarkt deutlich an höheren Vermögen (meist mindestens 60.000 Euro) ausrichtet. Als BVR fordern wir daher, dass Anleger weiterhin die freie Wahl zwischen einer Beratung auf Provisions- oder Honorarbasis haben müssen. Weiterführende Informationen:

Positionspapier von DK, BVI und DDV

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European Payment Initiative: Ampel dafür, weitere aktive politische Unterstützung wünschenswert

Das Ziel der European Payment Initiative – kurz EPI – ist es, ein gemeinsames paneuropäisches Bezahlsystem über alle Bezahlkanäle (Point of Sale, eCommerce und P2P) aufzubauen, das innovativ und wettbewerbsfähig ist. Auch die Ampel-Koalition spricht sich, wenn auch ohne Nennung des Projekts, für EPI aus. So heißt es im Vertrag: „Europa braucht zudem eine eigenständige Zahlungsverkehrsinfrastruktur und offene Schnittstellen für einen barrierefreien Zugang zu digitalen Finanzdienstleistungen für alle Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Händler.“ Die Unterstützung der Politik ist bei diesem großen Infrastrukturprojekt im Zahlungsverkehr außerordentlich wünschenswert. So braucht es einen Regulierungsrahmen, der genug wirtschaftlichen Spielraum für Zukunftsinvestitionen lässt. Ansonsten wird es schwierig die Milliarden-Investitionen für eine solche Infrastruktur zu stemmen. Offene Schnittstellen und ein barrierefreier Zugang dürfen daher nicht dazu führen, dass effektiv keine Interbankenentgelte für die Banken anfallen. Die Interbankenentgelte sind essentiell für die Kreditwirtschaft. Es braucht aber auch genug Partner, die an der Finanzierung von EPI beteiligt sind und genügend politische Unterstützung für die Länder, deren Banken zurzeit nicht am EPI Projekt mitwirken. Ende November wurden wichtige Entscheidungen zum weiteren Vorgehen bei EPI getroffen. Entscheidende Fragen der Finanzierung müssen aber noch beantwortet werden. Ein starkes Signal der Politik in Europa, aber auch der neuen deutschen Regierung wäre die Zusage, EPI auch öffentlich beispielsweise über den EU Corona-Aufbaufonds oder über nationale Förderungen zu unterstützen.

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Ihr AnsprechpartnerThomas Stammen
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BVR - Dec 9, 2021, 12:00:00 PM
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