- "Auf die Europäische Union (EU) hätte ein harter Brexit spürbare negative Auswirkungen", erklärt Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Washington. So sei in Deutschland kurzfristig mit einem dämpfenden Effekt auf das Wirtschaftswachstum in einer Größenordnung von 0,6 Prozentpunkten für das Jahr 2020 zu rechnen.
Nach den EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel soll nun das britische Parlament in London am morgigen Samstag in einer Sondersitzung über den neu ausgehandelten Brexit-Vertrag abstimmen. Der Ausgang dieser Abstimmung ist völlig offen, ebenso wie die Frage, ob es gegebenenfalls zu einer erneuten Verlängerung der zum 31. Oktober 2019 auslaufenden EU-Mitgliedschaft kommt.
"Wirtschaftlich würde ein ungeregelter Brexit das Vereinigte Königreich in eine schwere Rezession führen. Zudem ist der Brexit-Prozess bereits jetzt eine der größten politischen Krisen in der Geschichte Großbritanniens", so Kolak, die alle beteiligten Parteien zur Besonnenheit aufruft, damit ein geregelter Austritt Großbritanniens erreicht werden kann. Allerdings seien überraschende Wendungen beim Brexit schon fast die Regel
Die Kosten eines ungeregelten Brexits wären immens: Der Güterhandel dürfte massiv einbrechen, wenn an den Grenzen zum Vereinigten Königreich Zölle erhoben und Kontrollen der Produktstandards durchgeführt werden müssten. Bislang sind hierfür weder die baulichen Voraussetzungen noch qualifiziertes Personal vorhanden. Der Handel mit vielen Dienstleistungen wie insbesondere auch Finanzdienstleistungen könnte abrupt unterbrochen werden. Aufgrund der großen Unsicherheit dürfte auch die Bereitschaft, in Großbritannien zu investieren, nochmals weiter sinken. Gleichzeitig dürfte das Pfund weiter abwerten und die Verbraucherpreisinflation merklich anziehen.
Die deutschen Genossenschaftsbanken hätten nur in seltenen Ausnahmefällen direkte Handelsbeziehungen nach Großbritannien, so Kolak: "Daher dürften die unmittelbaren Auswirkungen eines Brexits für die Genossenschaftsbanken gering sein."
Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR) Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR)