Wie lange wird die Phase niedriger Leitzinsen noch anhalten?
Ein Ende der Niedrigzinsphase ist noch nicht absehbar. Eine Zinserhöhung im kommenden Jahr ist angesichts der sehr niedrigen Teuerung und der Wirtschaftsschwäche im Euroraum sehr unwahrscheinlich. Erst, wenn es der Wirtschaft des Euroraums wieder deutlich besser geht, dürfte die EZB mit dem Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes beginnen. Deutlich aufhellen dürften sich die Wirtschaftsaussichten frühestens in 2016.Aktuell denkt die Europäische Zentralbank aber nicht über Zinserhöhungen, sondern über eine erneute Lockerung nach. Über breit angelegte Käufe von Wertpapieren könnte sie noch mehr Liquidität in die Wirtschaft pumpen. Dies würde die Anleiherenditen noch tiefer nach unten drücken. Ob solche Maßnahmen den geschwächten Volkswirtschaften spürbare Impulse bringen werden, ist allerdings zweifelhaft. Zur Finanzierungssituation in Deutschland passt die extreme Niedrigzinspolitik der EZB in jedem Fall nicht.
Welche Auswirkungen hat das derzeitige Zinsniveau auf die Altersvorsorge?
In Deutschland hat sich über viele Jahrzehnte hinweg eine Sparkultur entwickelt, auf die wir stolz sein können. Das Sparverhalten in Deutschland ist durch Beständigkeit gekennzeichnet, sowohl im Zeitverlauf als auch im Vergleich mit anderen Ländern Europas. Die anhaltend niedrigen Zinsen sind äußerst bedenklich: Die Bürger werden in ihren Sparanstrengungen entmutigt und die Spartätigkeit könnte auf Dauer signifikant geschwächt werden.
Bislang sind die Auswirkungen aber noch begrenzt. Zwar haben die Bundesbürger in den vergangenen Jahren ihre Sparanstrengungen etwas zurückgefahren. Die seit 2009 bestehende Niedrigzinsphase dürfte für eine Niveauverschiebung der Sparquote von etwas mehr als 1 Prozentpunkt verantwortlich sein. Angesichts des anhaltend niedrigen Zinsniveaus nahe null handelt es sich um einen maßvollen Rückgang. Aktuell liegt die Sparquote der Bundesbürger bei 9,2 Prozent.
Doch darf die immer noch relativ stabile Sparquote nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Bundesbürger zusätzlichen Vorsorgebedarf haben. Umfragen bei Sparern, wie sie das Marktforschungsinstitut TNS Infratest jährlich für den BVR durchführt, zeigen, dass die meisten Haushalte trotz aller Sparanstrengungen regelmäßig weniger Geld auf die hohe Kante legen als sie zur Erfüllung der Vorsorgeziele als notwendig erachten. Besonders wichtig ist die Stärkung der privaten Vorsorge gerade bei unteren bis mittleren Einkommen, damit das Problem der Altersarmut nicht deutlich an Bedeutung gewinnt. Zudem führt auch das Niedrigzinsumfeld zu einem zusätzlichen Sparbedarf. So geht aufgrund der niedrigen Zinsen das am Ende verfügbare Ersparte bei gleich bleibenden jährlichen Sparbeträgen automatisch zurück.
Angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels sollten besonders die geburtenstarken Jahrgänge trotz des derzeitigen Niedrigzinsumfeldes die Chance nutzen, für das Alter finanziell vorzusorgen, um nach der Erwerbsfähigkeit einen angemessenen Lebensstandard halten zu können. Schließlich durchlaufen die sogenannten Babyboomer jetzt ihre einkommensstärkste Lebensphase.
Was ist Anlegern derzeit zu empfehlen?
Grundsätzlich gilt, bei der Anlage des Ersparten einen ausgeglichenen Mix aus Risiko und Ertrag zu wählen. Bankeinlagen fehlen zu Recht in kaum einem Portfolio, alleine schon aufgrund ihrer hohen Liquidität, andere Sparformen sollten in aller Regel auch eine wichtige Rolle spielen.
Je nach Risikobewusstsein des privaten Anlegers, seiner Vermögenssituation und seiner Lebensphase dürfte der Mix aus den verschiedenen Anlageformen unterschiedlich ausfallen. So geht das Sparen für die private Altersvorsorge in der Realität schon lange weit über das klassische Sparbuch hinaus. Aber auch der Erwerb eines Eigenheims kann bei der privaten Altersvorsorge eine tragende Rolle spielen. Einen hohen Stellenwert haben bei Bundesbürgern auch Investmentfonds und Kapitallebensversicherungen. Ein klärendes Gespräch mit einem Anlageberater dürfte dem Einzelnen dabei helfen.