So scheint die Krise mit Blick auf die Personalplanung der Unternehmen bereits ad acta gelegt. Die Firmen zeigen sich heute sogar offener für Neueinstellungen als vor der Pandemie. Aktuell plant wieder mehr als jedes vierte Unternehmen, in den nächsten sechs Monaten neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Ein starker Anstieg: Im Herbst 2020 hatten lediglich 17 Prozent der Mittelständler solche Pläne. Insbesondere in der sich positiv entwickelnden Elektroindustrie sind die Jobaussichten gut: Rund 44 Prozent wollen dort ihren Personalbestand aufstocken – doppelt so viele als noch vor 6 Monaten.
Investitionsbereitschaft steigt: Mehr Unternehmen wollen mehr Gelder aufwenden
Auch die Investitionsneigung nimmt zu. 77 Prozent der Befragten wollen in den nächsten sechs Monaten Geld für Zukunftsprojekte in die Hand nehmen – das ist mehr als Vorkrisenniveau. Im Herbst kam das für weniger als 69 Prozent der Firmen in Frage, was im sonst investitionsfreudigen Mittelstand einem Zehn-Jahres-Tief entsprach. Erhöht hat sich sowohl der Anteil derjenigen Unternehmen, die generell Investitionen planen, als auch das geplante Investitionsvolumen. Im Herbst wollten nur 22 Prozent der Befragten ihre Investitionsvolumina erhöhen, mittlerweile tut dies wieder bereits jeder Dritte. Besonders die Mittelständler aus den großen Industriebranchen wollen dabei mehr Gelder fließen lassen.
"Wir beobachten derzeit einen regelrechten Nachfrage-Boom aus dem In- und Ausland, der das Geschäft unserer Firmenkunden ankurbelt", sagt Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ BANK. "Die Konjunktur steht im Zeichen einer starken Erholung. Mit zusätzlichem Personal und erhöhten Investitionen stellen die Unternehmen jetzt die Weichen, um langfristig vom Aufschwung zu profitieren."
Die gute Auftragslage wirkt sich auf die Geschäftserwartungen aus, die sich zum zweiten Mal in Folge merklich verbessert haben. Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen liegt bei 22,5 Punkten und damit nicht nur sehr deutlich über Vorkrisenniveau, sondern auch über dem langjährigen Mittel. Die aktuelle Geschäftslage bewerten inzwischen schon wieder drei von vier Mittelständlern mit "gut" oder sogar "sehr gut".
Höhere Rohstoffkosten belasten stark – Absatzpreise steigen
Ein Thema treibt dem Mittelstand allerdings aktuell Sorgenfalten auf die Stirn: Mit rund 60 Prozent der Befragten identifizieren so viele wie nie zuvor Rohstoff- und Materialkosten als akutes Problem für ihr Geschäft. Auch die steigenden Energiekosten beobachten mehr als die Hälfte der Mittelständler mit Sorge. Das betrifft insbesondere die Ernährungs-, Agrar- und Chemiebranche.
Die hohen Einkaufskosten bleiben nicht ohne Folgen für die Absatzpreise der Unternehmen. In den kommenden Monaten wollen knapp 36 Prozent der Befragten ihre Preise erhöhen. Im Herbst war das lediglich bei jedem Fünften der Fall. Nur 6 Prozent rechnen aktuell hingegen mit Preissenkungen – davon waren vor sechs Monaten noch mehr als 11 Prozent ausgegangen. "Viele der betroffenen Unternehmen benötigen eine Zwischenlösung, bis sie die eigenen Preise anpassen können. Deshalb entsteht für viele Mittelständler aktuell vorübergehend wieder ein erhöhter Finanzierungsbedarf", so Uwe Berghaus.
Abgesehen davon rücken die altbekannten Sorgen verstärkt in den Fokus: Die Probleme mit Bürokratie sind größer denn je. Sie betreffen mittlerweile 80 Prozent der Firmen – ein neues Allzeit-Hoch. Das wiederaufflammende Problem des Fachkräftemangels beschäftigt 73 Prozent der Befragten, mehr als die Auswirkungen der Pandemie. "Beide Problemfelder haben sich durch die Krise nochmals verstärkt und treffen den Mittelstand nun mit voller Wucht in einer Phase der Erholung", so Uwe Berghaus. „Preisdruck, Bürokratie und Fachkräftemangel dürften die zentralen Themen des Jahrzehnts für den Mittelstand werden."
Bilanzqualität: Verschlechterung, aber keine Erosion erwartet
Die bereits vorliegenden rund 860 Jahresabschlüsse mittelständischer Unternehmen für 2020 legen nahe, dass mehr Betriebe als vergangenes Jahr ein negatives Ergebnis vor Steuern aufweisen. Zudem deutet sich an, dass die Eigenkapitalquoten der Mittelständler im Durchschnitt von etwa 27 Prozent auf rund 26 Prozent zurückgehen wird. Das entspräche zwar dem niedrigsten Stand seit dem Jahr 2015, ist aber angesichts der starken Corona-bedingten Belastungen noch moderat.
"Unternehmen, die auf solide Bilanzen – und vor allem eine gute Eigenkapitalquote –zurückgreifen können, sind in Krisenzeiten deutlich resilienter. Das hat die Pandemie belegt", sagt Dr. Andreas Martin, Vorstandsmitglied des BVR. "Für die Mittelständler sollte es deshalb das Ziel sein, ihren Kapitalpuffer nach der Krise wieder auszubauen."
Gemäß den bisher verfügbaren Jahresabschlüssen steigt der Anteil der Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor mit einem negativen Vorsteuerergebnis merklich von 22 Prozent im Jahr 2019 auf 35 Prozent im Jahr 2020. Im Verarbeitenden Gewerbe fällt der Anstieg schwächer aus, von 13 Prozent auf 18 Prozent. Im Baugewerbe und im Handel sind die Anteile von Abschlüssen mit negativem Betriebsergebnis trotz der Krise sogar leicht gesunken, was auf eine weniger starke Betroffenheit in diesen Wirtschaftsbereichen schließen lässt.
Über die Studie "Mittelstand im Mittelpunkt"
Die Daten für die VR Mittelstandsumfrage wurden in der Zeit vom 10. bis 26. März 2021 im Rahmen von Telefon- und Onlineinterviews erhoben. Die Stichprobe von 1.000 Unternehmen ist repräsentativ; befragt wurden Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Grundlage für die VR Bilanzanalyse sind die Jahresabschlüsse (Bilanzen und Erfolgsrechnungen), welche die mittelständischen Firmenkunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rahmen ihrer Kreditantragstellungen für die Jahre 2001 bis 2020 einreichten. Für das Jahr 2020 lagen bisher jedoch nur rund 860 Abschlüsse vor (2001 bis 2020: 2,2 Millionen).
Ansprechpartner:
Lisa Unbehaun, Pressesprecherin der DZ BANK
Tel. +49 69 744752322
lisa.unbehaun@dzbank.de
Steffen Steudel, Pressesprecher des BVR
Tel. +49 30 2021-1333
s.steudel@bvr.de