Eine repräsentative Studie der DZ BANK und des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken Raiffeisenbanken (BVR) ergibt, dass 96 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland vom Fachkräftemangel betroffen sind – ein alarmierender Rekordwert. Im Herbst 2018 waren es noch 79 Prozent. Eine direkte Folge des Fachkräftemangels ist die Sorge um steigende Lohn- und Gehaltskosten, die jeden zweiten Mittelständler bewegt. Neben dem Fachkräftemangel ist die Bürokratie das drängendste Problemfeld für mittelständische Unternehmen. 72 Prozent der Befragten gaben an, unter bürokratischen Herausforderungen zu leiden.
"Fachkräftemangel und Bürokratie haben sich in den letzten Jahren zu chronischen Problemen entwickelt und betreffen hierzulande immer mehr Unternehmen“, sagt Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ BANK. "Der Fachkräftemangel beschäftigt den Mittelstand wie kein anderes Thema und erstreckt sich über alle Branchen und Regionen." Die Unternehmen versuchen dem Fachkräftemangel mit Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung entgegenzuwirken. So bieten 86 Prozent der Mittelständler ihren Mitarbeitern Qualifizierungsmöglichkeiten. Gehaltserhöhungen werden von 79 Prozent als sinnvoll erachtet und 76 Prozent locken mit einer betrieblichen Altersvorsorge.
"Der Mittelstand muss dringend von Bürokratielasten befreit werden. In der Politik ist mehr Entschlossenheit gefragt, den Bürokratieabbau fortzusetzen. Mit der Digitalisierung liegt eine enorme Chance auf der Hand, komplexe Vorgänge für die Unternehmen zu vereinfachen. Darüber hinaus sollten aufbauend auf dem Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministeriums zum Bürokratieentlastungsgesetz III insbesondere die Aufbewahrungsfristen für Unterlagen im Handels- und Steuerrecht von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Aus Sicht des Mittelstands ist es wichtig, zügig einen entsprechenden Gesetzentwurf in den parlamentarischen Betrieb einzubringen. Die Zeit drängt, der Verpflichtung zum Bürokratieabbau aus dem Koalitionsvertrag nachzukommen", fordert BVR-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Martin.
Immobilienmarkt als Standortrisiko für Arbeitgeber
Die Preise für Wohn- und Gewerbeimmobilien steigen, während das Angebot knapper wird. Die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt könnte sich nun als Standortrisiko erweisen mit negativen Folgen für den Unternehmenserfolg. Nahezu jedes vierte Unternehmen gibt an, dass der aufgeheizte Immobilienmarkt den Kapazitätsausbau hemmt. Ebenso viele sagen, dass der Wohnungsmangel und die hohen Mieten die Anwerbung von Fachkräften erschweren. Unternehmen in Bayern sind besonders stark betroffen. Dort sagen 37 Prozent, dass der angespannte Immobilienmarkt Fachkräfte abschrecke.
Leicht eingetrübte Stimmung im deutschen Mittelstand
Im Frühjahr 2019 hat sich die Stimmung im deutschen Mittelstand leicht eingetrübt und die Unternehmen spüren die Auswirkungen der globalen Konjunkturabkühlung. 86 Prozent bewerten ihre Geschäftslage zwar immer noch positiv, doch ein Vergleich zur Herbstumfrage zeigt eine Verschlechterung um rund 3 Prozentpunkte. Dies ist der zweite Rückgang in Folge. Der Anteil der Unternehmen, die ihre aktuelle Geschäftslage negativ bewerten, ist im Halbjahresvergleich hingegen um 3 Prozentpunkte gestiegen.
Im langjährigen Vergleich liegt die Geschäftslage dennoch weiterhin auf einem hohen Niveau mit anhaltend guter Stimmung im deutschen Mittelstand. Zudem rechnen die Mittelständler nicht mit einer länger anhaltenden Schwächephase. So gehen rund 36 Prozent der Unternehmen von einer verbesserten Geschäftserwartung aus. Im Herbst waren es noch 32 Prozent.
Investitionsneigung stagniert – Auslandsengagement geht zurück
Die eingetrübte Geschäftslage bleibt nicht ohne Folgen für die Investitionsneigung im Mittelstand. Sie stagniert im Jahresverlauf bei rund 78 Prozent. Angesichts der globalen Konjunkturabkühlung fahren die mittelständischen Unternehmen auch ihr Auslandsengagement zurück. Aktuell ist die Mehrheit der Mittelständler zwar international aktiv und will dies auch bleiben, mit 53 Prozent liegt die Zahl der im Ausland tätigen Unternehmen jedoch so niedrig wie noch nie seit der ersten Befragung im Frühjahr 2011. Vor einem Jahr waren es noch 56 Prozent.
"Viele Mittelständler in Deutschland haben ihr Geschäftsmodell tendenziell stärker auf das Inland ausgerichtet. Das macht sie weniger anfällig für Krisen“, erläutert Uwe Berghaus. "Gleichzeitig sind immerhin mehr als die Hälfte der mittelständischen Unternehmen im Ausland aktiv, weshalb sie sich den Auswirkungen globaler Entwicklungen nicht vollständig entziehen können."
Brexit und China sorgen für Unsicherheit im Außenhandel
Die Unsicherheiten deutscher Mittelständler rund um den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union haben in diesem Jahr noch einmal deutlich zugenommen. So erwarten mittlerweile rund 70 Prozent, dass sich der Brexit auf ihr Unternehmen auswirken wird. Mehr als ein Drittel befürchtet in diesem Zusammenhang zunehmende Bürokratie. Auch mögliche Zölle und eine geringere Nachfrage könnten das Auslandsgeschäft belasten.
Aus China expandieren in den letzten Jahren verstärkt Unternehmen nach Deutschland. Derzeit geben zwar noch immer fast 70 Prozent der befragten Mittelständler an, dass chinesische Unternehmen keine Konkurrenz für sie darstellen. Allerdings erwartet nahezu jeder Zweite einen generell zunehmenden Wettbewerb mit Unternehmen aus der Volksrepublik. Besonders in der Metall-, Automobil und Maschinenbaubranche schätzen die Unternehmen die Konkurrenzsituation als hoch ein.
Unternehmen sind solide aufgestellt
"Trotz dieser Entwicklungen sind die deutschen Mittelständler gut gerüstet, um sich in einem schwierigen Gesamtumfeld zu behaupten. Die Unternehmen haben in den letzten Jahren die Eigenkapitalausstattung deutlich gestärkt und bilden auch aktuell weiter Rücklagen", sagt Andreas Martin, Vorstandsmitglied des BVR. Die Jahresabschlussdaten der mittelständischen Firmenkunden von Volksbanken und Raiffeisenbanken weisen auf eine grundsolide betriebswirtschaftliche Verfassung hin. Das spiegelt auch die positive Entwicklung der durchschnittlichen Eigenkapitalquote von rund 7 Prozent im Jahr 2001 auf immerhin 27 Prozent im Jahr 2017 wider. Außerdem sorgen die Unternehmen für schwierigere Zeiten vor, was sich in der erhöhten Netto-Ersparnis zeigt, die im 10-Jahres-Vergleich von 2007 bis 2017 um rund 3 Prozentpunkte gestiegen ist.
Über die Studie „Mittelstand im Mittelpunkt“
Die Daten für die VR Mittelstandsumfrage wurden in der Zeit vom 1. März bis 8. April 2019 im Rahmen von Telefon- und Onlineinterviews erhoben. Die Stichprobe von 1.501 Unternehmen ist repräsentativ; befragt wurden Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen in Deutschland. Grundlage für die VR Bilanzanalyse sind die Jahresabschlüsse (Bilanzen und Erfolgsrechnungen), welche die mittelständischen Firmenkunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rahmen ihrer Kreditantragstellungen für die Jahre 2001 bis 2017 einreichten. Insgesamt liegen für den genannten Zeitraum rund 2,2 Millionen Abschlüsse vor.
Ansprechpartner:
Felix Eggert, Pressesprecher der DZ BANK AG
Tel. +49 69 7447-51172
felix.eggert@dzbank.de
Melanie Schmergal, Pressesprecherin des BVR
Tel. +49 30 2021-1300
presse@bvr.de