Selbst im Umfeld der hohen Inflation bilden die Bundesbürger konsequent finanzielle Rücklagen. Die Sparquote wird im Gesamtjahr 2023 schätzungsweise 10,6 Prozent betragen und fällt damit wieder auf das Niveau der Jahre vor der Coronapandemie, während der außergewöhnlich hohe Teil der Einkommen gespart wurden. Im Jahr 2022 betrug die Sparquote noch 11,4 Prozent. Dies geht aus der aktuellen Studie des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zur Geldvermögensbildung hervor.
"Auch wenn die Inflation in den letzten Monaten nicht zuletzt aufgrund der Leitzinsanhebungen etwas gemildert werden konnte, belastet sie die Budgets der privaten Haushalte. Trotz dieser Herausforderungen büßten die Haushalte kaum an Sparfähigkeit ein“, erläutert BVR-Präsidentin Marija Kolak. So ist gemäß einer vom BVR beauftragten repräsentativen Kantar-Umfrage unter Bundesbürgern der Anteil der Personen, die sagen, nichts sparen zu können, im Inflationsjahr 2022 relativ stabil geblieben. Von 21 Prozent im Jahr 2021 sank er 2022 sogar leicht auf 20,5 Prozent. Im Mittel sparten die Befragten 2022 174 Euro, nach 170 im Jahr 2021. "Dass jeder Fünfte nicht spart, kann andererseits keine frohe Botschaft sein“, so Kolak. Die Politik könne gegensteuern, indem sie die Abgabenlast der privaten Haushalte vor allem mit niedrigen und mittleren Einkommen reduziert. Allen sei dabei klar, dass die Spielräume des staatlichen Haushalts begrenzt sind.
Das bestehende Geldvermögen der privaten Haushalte ist 2022 erstmals seit der globalen Finanzmarktkrise 2008 um 377,9 Milliarden Euro auf 7.462,2 Milliarden Euro gesunken, trotz neu gebildeten Geldvermögens in Höhe von 297,9 Milliarden Euro. "Dahinter stehen die starken Kursausschläge an den Kapitalmärkten“, erklärt Kolak. Das Geldvermögen der privaten Haushalte hatte 2021 noch von den steilen Kursanstiegen profitiert. Der Kriegs-, Inflations- und Zinsschock des vergangenen Jahres hatte diese Gewinne temporär abgeschmolzen. Dennoch bleibe das langfristige Potential der Kapitalmärkte für die Vermögensbildung erhalten, wie die Kurserholungen des bisherigen Jahres zeigten. Das erkennen die privaten Haushalte zunehmend. Der
Anteil der Geldvermögensbildung, die in Wertpapiere fließt, ist der BVR-Studie zufolge 2022 auf rund 36 Prozent gestiegen; 2019 waren es noch 19 Prozent. Das Nettogeldvermögen des durchschnittlichen privaten Haushalts belief sich damit auf 129.700 Euro, wovon durchschnittlich 43 Prozent in Bankguthaben, 30 Prozent in Versicherungen und 27 Prozent in Wertpapieren angelegt waren. Zu den privaten Haushalten zählen neben erwerbstätigen und sonstigen Privatpersonen auch wirtschaftlich Selbständige und Organisationen wie etwa Vereine, Gewerkschaften und Kirchen.
Die Geldvermögensbildung der privaten Haushalte, also die Differenz aus Zu- und Abflüssen neuer Anlagegelder, sank 2022 in jedem Anlagesegment. So bildeten die privaten Haushalte 2022 Geldvermögen in Höhe von 108,8 Milliarden Euro in Bankeinlagen, gegenüber 148 Milliarden im Vorjahr 2021. Bei Versicherungsrückstellungen wurden 89,8 Milliarden Euro statt 99,3 Milliarden neu gebildet. In Wertpapiere wurden 109 statt zuvor 134,7 Milliarden Euro investiert, wobei infolge der Zinswende erstmals seit Jahren wieder neues Vermögen in Rentenwerte floss. Die Geldvermögensbildung sank einerseits infolge der hohen Inflation, andererseits aufgrund der Aufhebung der konsumbeschränkenden Coronaschutzmaßnahmen.