Mit der Senkung des Leitzinses sei die Liquiditätsbereitstellung durch die Notenbank dramatisch angestiegen. Damit erhöhten sich die mittelfristigen Inflationsgefahren. Die EZB habe jedoch den Weg der jüngsten Leitzinssenkung gehen müssen, um die Finanzierungsbedingungen spürbar zu erleichtern. Die Kreditzinsen seien entsprechend kräftig gesunken. Kurz- und mittelfristige Kredite seien aktuell je nach Volumen und Laufzeit sowohl im Euro-Raum wie auch in Deutschland rund 1 bis 2 Prozentpunkte billiger als noch im Frühherbst 2008. Somit leiste die Geldpolitik einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der Wirtschaft. Der BVR rechnet damit, dass der EZB-Rat auf seiner kommenden Sitzung am 7. Mai 2009 eine Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf 1 Prozent beschließt und danach den Leitzins bis auf Weiteres unverändert lässt. Unabhängigkeit der EZB gerade heute wichtig Um die Erfüllung ihres Stabilitätsauftrags nicht zu erschweren, sei es gerade heute wichtig, die Unabhängigkeit der EZB zu stärken, so der BVR. Zu Recht sei die EZB zurückhaltend mit der Implementierung weiterer unkonventioneller Maßnahmen, wie sie von zahlreichen Experten gefordert würden. Die EZB könne unter politischen Druck geraten, wenn sie den Forderungen folgend im erheblichen Umfang am Sekundärmarkt Unternehmens- oder Staatsanleihen ankaufen würde. Solche Käufe sollten zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, ihr Einsatz aber nur bei einer weiteren deutlichen Verschlechterung der Konjunkturlage erwogen werden. Zwar könnten solche Anleihekäufe durchaus einen zusätzlichen Beitrag zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen leisten, politisch schwierig sei es jedoch, sich im Zuge eines wirtschaftlichen Aufschwungs wieder von diesen Anleihebeständen zu trennen. Die Bilanzsumme des Eurosystems, Maß für das Volumen der geldpolitischen Geschäfte und damit der Liquiditätsbereitstellung der Notenbank, hat sich von Juli 2007 bis Ende 2008 um 75 Prozent auf 2,1 Billionen Euro erhöht. Kurzfristig rechnet der BVR durch diesen Liquiditätsanstieg nicht mit Inflationsgefahren, da die zusätzliche Liquidität vom Finanzsektor absorbiert wird. Auch werde die Liquiditätshaltung wegen des sinkenden Bedarfs der Finanzmärkte zum Teil von selbst wieder zurückgehen. Dies sei bereits im ersten Quartal dieses Jahres zu beobachten gewesen. Doch liegt die Liquidität auch aktuell immer noch rund 50 Prozent höher als vor dem Übergreifen der Finanzkrise auf den Euro-Raum. Um die Liquidität wieder auf ein stabilitätspolitisch neutrales Niveau zurückzuführen, fordert der BVR eine deutliche Straffung der Geldpolitik, sobald die Finanzkrise überwunden sei. Die Geldpolitik wieder zu normalisieren sei eine große Herausforderung für die EZB. Die für das Jahr 2010 zu erwartende wirtschaftliche Erholung werde aller Voraussicht nach über einen längeren Zeitraum hinweg schwach ausfallen und nicht frei von Rückschlägen sein. Straffe die EZB die geldpolitischen Zügel zu früh, würde dies den Aufschwung abwürgen. Warte die EZB mit dem Anziehen der Leitzinsen zu lange, drohe nach Einschätzung des BVR eine erhöhte Inflation der Verbraucherpreise oberhalb des Stabilitätsziels der Notenbank von knapp 2 Prozent.