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Empfehlungen zur Vermeidung oder Beilegung von häufig auftretenden Streitigkeiten

Angesichts der Fülle verschiedener Sachgebiete im Bankrecht und verschiedener Vertragskonstellationen ist eine allgemeine Empfehlung zur Vermeidung oder Beilegung von häufig auftretenden Streitigkeiten unter Bezugnahme auf die konkreten Leistungsbeziehungen zwischen Bank und Kunde nicht darstellbar. Eine Fülle von Beschwerden ist im Berichtszeitraum allerdings bereits dadurch beendet worden, dass die Bank anlässlich der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme zum Beschwerdeantrag die vom Kunden erhobene Forderung vollständig erfüllt hat. Oft wurde die Bank im Vorfeld des Beschwerdeverfahrens vom Kunden nicht einmal auf das Problem angesprochen. Die Kundenbeschwerdestelle empfiehlt daher den Beschwerdeführern, sich vor Einreichung einer Kundenbeschwerde unmittelbar mit der Bank auseinanderzusetzen.

Oft haben Antragsteller eine grundlegend verkehrte Vorstellung vom Pflichtenumfang einer Bank, die als Wirtschaftsunternehmen durchaus eigene Interessen verfolgt, die den Interessen des Kunden entgegenstehen. Solche Fehlvorstellungen sind oft Anlass zur Beschwerde, die naturgemäß keine oder wenig Aussicht auf Erfolg haben kann. Auch eine Bank ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, in Wahrnehmung fremder, kundenseitiger Interessen die eigenen Ziele außer Acht zulassen. Im folgenden Schlichtungsvorschlag E 24/19 wird dies als Ausgangspunkt der Überlegungen hinsichtlich des Umfangs von Beratungspflichten einer Bank während eines bestehenden Darlehensvertragsverhältnisses auch ausdrücklich klargestellt, wenn auch der Streitschlichter im Ergebnis doch noch zu einer vermittelnden Lösung des Streits gefunden hat:

Zwischen den Parteien besteht ein Darlehensvertrag vom 18./24. November 2008 über zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 119.000,00 Euro, der eine Verzinsung von 4,74 Prozent und eine Sollzinsbindung bis zum 30. November 2021 vorsieht.

Am 14. Dezember 2018 fand in den Geschäftsräumen der Antragsgegnerin ein Gespräch statt, an dem aufseiten der Bank deren Mitarbeiter J. teilnahm. Die Einzelheiten des Gesprächsinhalts sind zwischen den Parteien streitig. Ergebnis dieses Gesprächs war jedenfalls, dass die Parteien sich auf eine Zinssicherungsvereinbarung mit Wirkung ab dem 30. November 2021 einigten. Diese sieht einen Sollzins von 1,98 Prozent vor.

Die Antragsteller behaupten, bei dem genannten Gespräch hätten sie den Bankmitarbeiter J. gefragt, ob sie die Darlehen kündigen könnten. Diese Frage habe Herr J. verneint. Hätte er sie zutreffend über die Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Absatz 1 Nr. 2 BGB aufgeklärt, hätten sie den Darlehensvertrag zum 3. August 2019 gekündigt. Mit ihrem Schlichtungsantrag verlangen sie deshalb, dass die Zinsvereinbarung vom 14. Dezember 2018 aufgehoben und das Darlehen zum gewünschten Termin (3. August 2019) beendet wird.

Demgegenüber trägt die Antragsgegnerin vor, die Antragsteller hätten am 14. Dezember 2018 lediglich danach gefragt, ob sie die bestehende Sollzinsvereinbarung kündigen könnten. Die Kündigungsmöglichkeit nach § 489 BGB sei von den Antragstellern nicht angesprochen worden.

Der hier vorliegende Schlichtungsantrag berührt die – schwierige – Rechtsfrage, inwieweit Banken innerhalb eines bestehenden Darlehensverhältnisses verpflichtet sind, den Darlehensnehmer rechtlich zu beraten.

Diese Frage lässt sich lediglich im Ausgangspunkt einfach beantworten. Im Grundsatz bestehen nämlich solche Nebenpflichten als Folge des Bestehens eines Darlehensvertrags nicht. Bei Abschluss eines Darlehensvertrags sind deshalb Banken – von engen, hier nicht vorliegenden Ausnahmen einmal abgesehen – nicht zur Beratung, Aufklärung oder Warnung des Darlehensnehmers verpflichtet (BGH, Urteil vom 9. Mai 2006 – XI ZR 114/05). Dies gilt in gleicher Weise auch für die Durchführung des Darlehensvertrags. Die Bank ist nicht der Rechtsberater des Darlehensnehmers, ja nicht einmal dessen Finanzberater. Vielmehr stehen sich Bank und Darlehensnehmer, wie Geschäftsleute im sonstigen Wirtschaftsleben auch, als Vertragspartner mit durchaus unterschiedlichen Interessen gegenüber, bei denen jeder selbst darauf bedacht zu sein hat, seine Interessen bestmöglich zu wahren und durchzusetzen. Wer hierzu nicht in der Lage ist, verliert!

Von diesem Grundsatz muss aber dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn ein Kunde mit dem Wunsch nach Beratung an die Bank herantritt und die Bank sich auf diesen Beratungswunsch in einer Angelegenheit, die erkennbar für den Kunden von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist, einlässt. In diesem Fall gebietet es die auch im Verhältnis zwischen Bank und Kunde geltende allgemeine Loyalitätspflicht (vergleiche dazu BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03; PalandtSprau, BGB, 78. Auflage, § 675, Rdn. 9), dass die zu erteilende Beratung richtig und vollständig sein muss. Verstößt die Bank gegen diese Verpflichtung, kann sie sich schadensersatzpflichtig nach § 280 Absatz 1 BGB machen.

Ob die Antragsgegnerin dieser Verpflichtung zur richtigen und vollständigen Beratung gerecht geworden ist, lässt sich vorliegend mit guten Gründen anzweifeln. Dabei kommt es meines Erachtens auf die geringfügig unterschiedliche Schilderung der Parteien vom Inhalt des Gesprächs vom 14. Dezember 2018 gar nicht entscheidend an. Selbst wenn man nämlich die Darstellung der Antragsgegnerin zugrunde legt, wonach die Antragsteller lediglich nach der Möglichkeit einer Kündigung der Sollzinsvereinbarung und nicht nach der Möglichkeit der Kündigung des Darlehens gefragt haben, musste für den Mitarbeiter der Antragsgegnerin doch klar sein, dass es den Antragstellern darum ging, eine Möglichkeit zu finden, wie sie sicher und frühzeitig von der – an den Verhältnissen am 14. Dezember 2018 gemessen – hohen Zinsbelastung befreit werden konnten. Genau deswegen wurde ja am gleichen Tag die Zinssicherungsvereinbarung getroffen. Insoweit war es naheliegend und musste sich dem Bankmitarbeiter auch aufdrängen, die Antragsteller auf die Möglichkeit einer Kündigung des Darlehens nach § 489 Absatz 1 Nr. 2 BGB hinzuweisen. Selbstverständlich übersehe ich hierbei nicht, dass das Darlehen an diesem Tag noch nicht nach dieser Vorschrift kündbar war. Der Zeitpunkt des Eintritts der Kündigungswirkungen lag aber weit vor dem Zeitpunkt des Ablaufs der Sollzinsbindung, sodass die Kündigung des Darlehens insgesamt die für die Antragsteller weitaus günstigere in Betracht kommende Lösung darstellte. Hierauf hätte der Bankmitarbeiter die Antragsteller, wenn er sich schon auf eine Beratung einlässt, hinweisen müssen. Es spricht somit vieles dafür, dass der Bankmitarbeiter mit seiner unvollständigen Beratung eine Rechtspflicht den Antragstellern gegenüber verletzt hat.

Zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung, bei der ich den Antragstellern, wie ausgeführt, gute Erfolgschancen einräume, möchte ich den Parteien deshalb einen Vorschlag zur Güte unterbreiten. Demnach sollten sich die Parteien zum einen darauf einigen, dass sie die Zinssicherungsvereinbarung vom 14. Dezember 2018 ersatzlos aufheben. Zum anderen sollten sie vereinbaren, dass sie die bestehenden Darlehensverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt, den sie selbst noch bestimmen können – vorschlagsweise zum 1. Oktober 2019, beenden. Von einer Entschädigung für die seit dem 4. August 2019 bezahlten Zinsen, soweit sie den derzeit marktüblichen Zins überschreiten, möchte ich absehen. Ich will nämlich auch nicht den Eindruck erwecken, als wäre die Misere allein vom Bankmitarbeiter J. verursacht worden. Wie ich vorstehend bereits ausgeführt habe, obliegt es im Rahmen eines bestehenden Darlehensverhältnisses grundsätzlich jeder Partei selbst, auf die Wahrung ihrer Rechte und Interessen bedacht zu sein. Insoweit machen es sich die Antragsteller schon sehr leicht, wenn sie die Verantwortung nunmehr allein der Bank zuschieben. Ihnen wäre es selbst ohne Weiteres möglich gewesen, sich über die Kündigungsmöglichkeit eines Darlehens nach Ablauf von zehn Jahren zu informieren. Das Internet bietet hierfür sämtliche gewünschten Auskünfte. Gibt man etwa in der Suchmaske von Google die Begriffe „Darlehen“ und „Kündigung“ ein, erscheinen innerhalb von 0,38 Sekunden ungefähr 211.000 Ergebnisse. Schon das erste Suchergebnis weist auf die Seite wikipedia.org/wiki/Kreditkündigung und die Kündigungsmöglichkeit nach zehn Jahren hin. Nicht nur der Bankmitarbeiter J., auch die Antragsteller haben deshalb das Naheliegende unterlassen. Deshalb ist nicht einzusehen, dass die Antragsgegnerin nur aufgrund der Gutmütigkeit ihres Mitarbeiters J. für die Folgen einer unzureichenden Beratung allein und in vollem Umfang einstehen soll. Einen Teil ihrer Verantwortung müssen die Antragsteller schon selbst tragen.

Die Antragsteller haben oft falsche Vorstellungen, welche Rolle einer Bank als Geschäftspartner eines Zahlungsdienstevertrags gegenüber dem Kunden zukommt: Im Fall einer Autorisierung einer Zahlungsdienstleistung durch den Kunden obliegt es der Bank, den jeweiligen Zahlungsauftrag zu erfüllen. Eine Kontrollpflicht seitens der Bank hinsichtlich der dem Zahlungsauftrag zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfte gibt es nicht, wie sich aus dem Schlichtungsvorschlag H 30/19 ergibt:

Der Antragsteller hat über sein Konto bei der Bank im Wege der Online-Überweisung verschiedene Zahlungen für Online-Spiele veranlasst. Mit dem Argument, die zugrunde liegenden Geschäfte seien verbotswidrig und nichtig, verlangt der Antragsteller von der Bank die Wiedergutschrift der seinem Konto belasteten Beträge. Die Bank tritt dem entgegen.

Der Schlichtungsantrag ist nicht zu befürworten.

Das Vorgehen der Bank wäre allenfalls dann zu beanstanden, wenn sie das getan hätte, was der Antragsteller ihr zumutet. Eine lückenlose Kontrolle seines Privatlebens und seines Spielverhaltens wäre in mehrfacher Hinsicht verfänglich. Ein Erstattungsanspruch beziehungsweise ein Anspruch auf Wiedergutschrift steht dem Antragsteller hinsichtlich der Überweisungsbeträge jedenfalls nicht zu.

In bankvertraglicher Hinsicht hätte die Bank für die Überweisungsaufträge nach § 676 j BGB nur dann keinen Aufwendungsersatzanspruch im Sinne von §§ 670, 675 Absatz 1, § 676 f BGB, wenn es an einem vom Antragsteller autorisierten Zahlungsvorgang fehlte. Dass der Antragsteller die Überweisungen autorisiert hat, steht hier jedoch außer Streit und unterliegt auch sonst keinem Zweifel.

Die Bank war weder in der Lage noch befugt, das zugrunde liegende (Spiel-)Geschäft auf seine Wirksamkeit hin zu kontrollieren und den Antragsteller vom Spielen abzuhalten. Dies gilt umso mehr, als die Zahlungen nach der insoweit unwidersprochenen Stellungnahme der Bank über „neutrale“ Zahlungsdienstleister erfolgten. Die Bank musste auch nicht den jeweiligen Verwendungszweck hinterfragen, der laut den vorgelegten Zahlungsstromdaten ohnehin keine konkreten Rückschlüsse zuließ. Sie war nicht berechtigt oder sogar verpflichtet, dem Privatleben des Antragstellers nachzuspüren.

Der Frage, ob sich etwas anderes ergeben kann, wenn ein Finanzinstitut bewusst und gewollt mit einem widerrechtlich agierenden (Vertrags-)Unternehmen zusammenwirkt, muss hier nicht nachgegangen werden. Dafür fehlt es an jedem Anhaltspunkt. Die vom Antragsteller angeführte Rechtsprechung zu Kreditkartenumsätzen mit offensichtlich missbräuchlich agierenden Vertragsunternehmen ist daher vorliegend nicht im Ansatz einschlägig.

Dass die getätigten Spielgeschäfte nichtig waren (§§ 134, 138 BGB), kann hier unterstellt werden. Dann mag der Antragsteller sich das Geld vom Anbieter als dem Überweisungsempfänger und ggf. ungerechtfertigt Bereicherten zurückholen. Ich empfehle dazu allerdings die Lektüre von § 762 Absatz 1 BGB.

Strukturelle Hindernisse für die Beilegung von Streitigkeiten

Strukturelle Hindernisse für die Beilegung von Streitigkeiten sind nicht erkennbar. Die Kundenbeschwerdestelle beim BVR beantwortet telefonische wie schriftliche Anfragen zum Schlichtungsverfahren umgehend und weist in diesem Zusammenhang oft darauf hin, welche Voraussetzungen für das Schlichtungsverfahren erfüllt sein müssen und welche Mindestinhalte (vergleiche § 5 Absatz 1 VerfO) ein Schlichtungsantrag aufweisen muss. Über die ODR-Plattform der EU wurde im Berichtszeitraum keine einzige Beschwerde eingereicht.

Offenbar besteht aufgrund der unter www.bvr.de einsehbaren Informationen zum Streitbeilegungsverfahren und aufgrund der Möglichkeit zur Einreichung von Beschwerden auf unterschiedlichen Kommunikationskanälen kein strukturelles Hindernis und auch kein Bedarf zur Einreichung einer Beschwerde über den Umweg der ODR-Plattform. Mögliche Zugangshindernisse bei grenzübergreifenden Streitigkeiten sind – das etwaige sprachliche Zugangshindernis aufgrund der Verfahrenssprache Deutsch (§ 8 Absatz 1 VerfO) einmal abgesehen – nicht erkennbar.