Empfehlungen zur Vermeidung oder zur Beilegung von häufig auftretenden Streitigkeiten

Angesichts der Fülle verschiedener Sachgebiete im Bankrecht und verschiedener Vertragskonstellationen ist eine allgemeine Empfehlung zur Vermeidung oder Beilegung von häufig auftretenden Streitigkeiten unter Bezugnahme auf die konkreten Leistungsbeziehungen zwischen Bank und Kunde hier nicht darstellbar. Es sind allerdings 173 Beschwerden im Berichtszeitraum bereits dadurch beendet worden, dass die Bank anlässlich der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme zum Beschwerdeantrag die vom Kunden erhobene Forderung vollständig erfüllt hat. Oft wurde die Bank im Vorfeld des Beschwerdeverfahrens vom Kunden nicht einmal auf das Problem angesprochen. Die Kundenbeschwerdestelle empfiehlt daher – auch auf ihrer Webseite – den Beschwerdeführern, sich vor Einreichung einer Kundenbeschwerde mit der Bank auseinanderzusetzen. Erst wenn die Bank einer an sie herangetragenen Forderung nicht nachkommt, kann von einer Streitigkeit im Sinne von § 1 der VerfO gesprochen werden.

Oft haben Antragsteller eine grundlegend verkehrte Vorstellung vom Pflichtenumfang einer Bank, die als Wirtschaftsunternehmen durchaus eigene Interessen verfolgt, die den Interessen des Kunden entgegenstehen. Solche Fehlvorstellungen sind oft Anlass zur Beschwerde, die naturgemäß keine Aussicht auf Erfolg haben kann. Auch eine Bank ist grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, in Wahrnehmung fremder, kundenseitiger Interessen die eigenen Ziele außer Acht zulassen, wie der folgende Schlichtungsvorschlag S 169/17 eindrucksvoll aufzeigt:

Zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem – mittlerweile geschiedenen – Ehemann einerseits und der Beschwerdegegnerin andererseits bestand ein Darlehensvertrag vom 30. Oktober/3. November 2009 über 130.000,00 Euro. Der Vertrag sah eine Sollzinsbindung bis zum 30. Oktober 2022 vor; das Darlehen war zum 30. Oktober 2022 aus Mit teln eines Bausparvertrages in voller Höhe zu tilgen. Wegen des Inhalts der diesem Ver trag beigefügten Widerrufsbelehrung nehme ich auf die mir in Fotokopie vorliegende Vertragsurkunde Bezug.

Im Rahmen der Trennung von ihrem Ehemann hat die Beschwerdeführerin die Finanzierung allein übernommen.

Im Vorfeld der hierzu anstehenden Verhandlungen hat die Beschwerdeführerin einen Rechtsanwalt beauftragt, zu überprüfen, ob sie ihre auf den Abschluss dieses Ver trages gerichteten Erklärungen widerrufen kann. Am 13. Juni 2016 hat der Rechtsanwalt bestätigt, dass eine solche Widerrufsmöglichkeit bestehe.

Ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der Bank am 16. Juni 2016 führ te dazu, dass die Beschwerdeführerin dem beauftragten Rechtsanwalt ein Mandat zum Widerruf nicht erteilte. Ein solcher Widerruf ist vor dem 22. Juni 2016 auch nicht erklärt worden.

Im Zusammenhang mit der alleinigen Übernahme der Finanzierung hat die Beschwerdeführerin einen neuen Bausparvertrag abgeschlossen. Hierfür ist eine Abschlussgebühr von 650,00 Euro angefallen. Für die Kündigung des alten Bausparvertrages wurde ihr ein Kündigungsdiskont in Höhe von 632,80 Euro berechnet. Soweit die Beschwerdeführerin sich gegen die Berechnung dieser Entgelte durch die Bausparkasse wendet, ist das Verfahren an denfür Bausparkassen zuständigen Ombudsmann abgegeben worden. Ihr ist zudem für die Schuldentlassung ihres Ehemannes ein Entgelt von 650,00 Euro berechnet worden. Zudem beschwert sie sich darüber, dass der neue Darlehensver trag vom 28. Juli 2016 den gleichen Zinssatz (4,81 Prozent) vorsieht wie der alte Vertrag. Sie macht insgesamt geltend, vom Mitarbeiter der Bank fehlerhaft beraten worden zu sein. Ihre damalige Notlage sei schamlos ausgenutzt worden.

Dem tritt die Beschwerdegegnerin entgegen. Der Auflösung des alten Bausparvertrages habe sie lediglich zugestimmt. Die Schuldhaftentlassung des Ehemannes stelle eine Sonderleistung dar; hierfür dürfe sie ein Entgelt verlangen.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin weder unberechtigte Entgelte in Rechnung gestellt noch hat sie eine der Beschwerdeführerin gegenüber bestehende Beratungspflicht verletzt.

1.
Die Beschwerdegegnerin verlangt mit Recht ein Entgelt dafür, dass sie den ursprünglichen Darlehensvertrag abgeändert und den früheren Ehemann der Beschwerdeführerin als Mitdarlehensnehmer aus dem Vertrag entlassen hat. (...)

2.
Die Beschwerdeführerin beschwert sich zu Unrecht darüber, dass die Bank einen Zinssatz von 4,81 Prozent für das neue Darlehen verlangt. Insoweit ist die Beschwerde schon deshalb unbegründet, weil die Höhe des Zinssatzes zwischen den Parteien verhandelt und einvernehmlich festgelegt wird. (...)

3.
Die Bank hat der Beschwerdeführerin gegenüber bestehende Beratungspflichten im Zusammenhang mit der Kündigung des alten und dem Abschluss des neuen Bausparvertrages nicht verletzt. Bei Abschluss eines Darlehensvertrages bestehen grundsätzlich keine Beratungspflichten der Bank gegenüber dem Kunden. Eine Ausnahme gilt, in sehr begrenztem Umfang, nur dann, wenn es um eine darlehensfinanzierte Kapitalanlage geht; hier hat die Bank unter bestimmten Voraussetzungen Aufklärungspflichten. Darum geht es hier aber nicht. Ansonsten ist die Bank zur Beratung eines Darlehensnehmers nicht verpflichtet. Der Mitarbeiter einer Bank ist nicht der Rechts- oder Finanzberater des Kunden.

4.
Das Dilemma des hier vorliegenden Falles liegt schlicht und einfach darin, dass die Beschwerdeführerin es nicht verstanden hat, ihre eigentlich exzellente Verhandlungsposition der Bank gegenüber auszunutzen. Die Beschwerdeführerin mag damals durchaus persönlich und finanziell in einer Notlage gewesen sein. Ihre Verhandlungsposition gegenüber der Bank war aber alles andere als das, im Gegenteil!

Fakt ist nämlich, dass der ursprüngliche Darlehensvertrag eine Widerrufsbelehrung enthielt, die der damaligen gesetzlichen Vorschrift – § 355 BGB in der Fassung vom 2. Dezember 2004 – nicht entsprach. Dies ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2009 im Ver fahren XI ZR 33/08. Die von der Beschwerdegegnerin verwendete Widerrufsbelehrung genügte den Anforderungen des § 355 BGB in der damals geltenden Fassung nicht. Sie belehrte den Verbraucher über den nach § 355 Absatz 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie das unrichtige Verständnis nahelegt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beschwerdegegnerin zu laufen. Durch die Formulierung, die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zur verfügungstellung „der“ Vertragsurkunde beziehungsweise „des“ Vertragsantrages, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vergleiche BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Textzifferr 16; BGH, Urteil vom 18. April 2005 – II ZR 224/04 –, WM 2005, 1166, 1168), der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung eines die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beschwerdegegnerin er füllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rück sicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang dieses Angebots der Beschwerdegegnerin zu laufen.

Allerdings hat die Beschwerdeführerin davon abgesehen, von dem ihr zustehenden Recht, ihre Vertragserklärungen zu widerrufen, Gebrauch zu machen. Dies war der alles entscheidende Fehler! Ich gehe nämlich davon aus, dass auch der Bank bekannt war, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung nicht geeignet war, den Lauf der Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist in den Medien weit verbreitet worden; sie ist lebhaft diskutiert worden, insbesondere auch unter dem Aspekt, ob sie auch für einen Ver tragsschluss im Präsenzgeschäft Geltung hat. Naturgemäß ging es dem Mitarbeiter der Bank deshalb am 16. Juni 2016 vornehmlich darum, die Beschwerdeführerin davon abzuhalten, einen Widerruf vor dem 22. Juni 2016 zu erklären. Das ist seine Aufgabe! Als Mitarbeiter der Bank hat er deren Interessen zu vertreten. Jede andere Sicht der Dinge ist verfehlt; mit ihrer Sichtweise vom Bankmitarbeiter, der sich vornehmlich um die Interessen seiner Kunden kümmert, hängt die Beschwerdeführerin einer nahezu sozialromantischen Betrachtungsweise nach, die früher vielleicht einmal berechtigt war, die aber längst nicht mehr Realität ist. Nachdem die Beschwerdeführerin die Ausschlussfrist für die Erklärung des Widerrufs hat verstreichen lassen, war sie in einer ungleich schlechteren Verhandlungsposition. Sie hatte keine Argumente mehr, um den A nfall von Entgelten, die verhandlungsfähig sind (!), zu verhindern und sie hat te kein Druckmittel mehr, um einen Zinssatz zu vereinbaren, der der damaligen Marktsituation angemessen war – worauf Banken, was ich weiß, sich ebenfalls eingelassen haben, wenn ihre Widerrufsbelehrungen falsch waren und der Vertrag deshalb hätte rückabgewickelt werden müssen. Die Beschwerdeführer in hatte alle Trümpfe in der Hand und sie hat sie, ohne jedwede Not, selbst aus der Hand gegeben! In dieser Situation vermag ihr auch ein Ombudsmann nicht mehr zu helfen, selbst wenn dieser durchaus Verständnis für die Sichtweise der Beschwerdeführerin hat.

Damit sollte und muss die Beschwerdeführerin sich abfinden.